Kinder sind Träger*innen von eigenen, unveräußerlichen Rechten. Die Gründung einer unabhängigen Kinderrechtekommission in der Stadt Kempen soll das Bewusstsein in der Stadtgesellschaft, in Politik und Verwaltung hierüber schärfen und junge Menschen darin unterstützen, ihr Rechte wahrzunehmen.
Auch bedingt durch die Corona-Pandemie rückt das Thema Kinderrechte stärker ins öffentliche Bewusstsein; denn deren Rechte auf körperliche und psychische Unversehrtheit, Bildung, Spiel und Beteiligung an allen sie betreffenden Entscheidungen wurden stark eingeschränkt. Aktuell hat der UN-Ausschuss für die Rechte des Kindes in einer Stellungnahme zu COVID-19 vor den schweren physischen, emotionalen und seelischen Auswirkungen der COVID-19-Pandemie auf Kinder gewarnt und alle Staaten dazu aufgerufen, die Rechte der Kinder zu schützen und die gesundheitlichen, sozialen, bildungsbezogenen, wirtschaftlichen und freizeitbezogenen Auswirkungen der Pandemie auf die Rechte des Kindes zu berücksichtigen.
Die letzten Wochen haben erneut deutlich gemacht, wie schnell in solchen Prozessen ausschließlich über Kinder statt mit ihnen beraten und entschieden wird”, weist Monika Schütz- Madré, grünes Mitglied im Schulausschuss und Jugendhilfeausschuss auch auf die Wichtigkeit einer kommunalen Kinderrechtekommission hin. Viele der getroffenen Pauschalmaßnahmen können bereits bestehende Benachteiligungen verstärken.
Kinderrechte sind nicht nur ein Thema der Kinder- und Jugendhilfe. Auch in anderen Politikbereichen, bei Fragen der Stadtentwicklung und Wohnungspolitik, der Umweltpolitik und dem Klimaschutz (siehe Fridays For Future FFF), der Generationen- und Geschlechtergerechtigkeit sind die Rechte von jungen Menschen vorrangig zu berücksichtigen, weil die dort getroffenen Entscheidungen in der Regel auch sie betreffen.
„Ich bin der festen Überzeugung, dass die Kinderrechtekommission CHEFSACHE im neuen Rat sein muss, um ihrer Bedeutung gerecht zu werden und der Umsetzung der Kinderrechte entsprechenden Nachdruck zu verleihen“, so Janek Straeten, Mitglied im Jugendhilfeausschuss.
Hintergrundinfos:
Das Justizministerium hat Ende 2019 einen Gesetzentwurf vorgestellt: Kinderrechte werden im Grundgesetz verankert. Kinder werden dann in Deutschland rechtlich deutlich bessergestellt werden. Künftig wird das Kindeswohl bei allem staatlichen Handeln immer mitgedacht werden müssen. Kinder sind keine kleinen Erwachsenen, sondern sie brauchen eine besondere Berücksichtigung ihrer Interessen und Bedürfnisse.
Kinder als eigenständige Wesen mit einer Kindheit als eigenständiger Lebensphase brauchen kindgerechte Lebensbedingungen und geeignete Räume, um sich frei entfalten und gesund aufwachsen zu können.
Das Wohnumfeld sollte zum Beispiel so gestaltet sein, dass ein Kind sich ausreichend bewegen kann, dass es mit Natur in Berührung kommen und seine Freizeit vielfältig gestalten kann. Wenn der Vorrang des Kindeswohls berücksichtigt werden muss, hat die öffentliche Hand bei jeder Maßnahme zu prüfen, ob diese gegen die Kinderrechte verstößt. Damit ist nicht gemeint, dass bei allen Entscheidungen Kindern Vorrang gegeben werden soll, wie Gegner fälschlicherweise oft argumentieren. Die Kinderrechte sind aber wichtig, um sich darauf beziehen zu können, wenn Maßnahmen geplant sind, die die kindgerechten Lebensbedingungen berühren oder einschränken. Die Normierung von Kinderrechten im Grundgesetz wird die gesellschaftliche Sicht auf Kinder positiv verändern und ihre Rechte quer durch die Rechtsgebiete stärken: vom Jugendhilferecht über das Straßenverkehrsrecht bis hin zum Baurecht, im Bildungsbereich und der Haushaltsgesetzgebung etc..
Durch die Grundgesetzänderung soll sichergestellt werden, dass jedes Kind das Recht auf Beteiligung in Angelegenheiten erhält, die es betrifft. Seine Meinung soll entsprechend seinem Alter und seiner Entwicklung in angemessener Weise berücksichtigt werden. Eine grundgesetzlich normierte Beteiligung von Kindern und Jugendlichen folgt auch im Interesse der Stadtgesellschaft/ der Gesamtgesellschaft. Denn eine stärkere Beteiligung von Kindern und Jugendlichen wird dazu führen, dass sich die heute jüngere Generation auch später für die Mitgestaltung und den Erhalt unserer Demokratie engagiert!
Die Kinderrechtekommission kann den Prozess der umfassenden Berücksichtigung/Umsetzung der Kinderrechte in den unterschiedlichen Bereichen begleiten, fördern, unterstützen.
Im dritten Ausführungsgesetz zum KJHG sind in §§ 6 und 9 Bestimmungen zur Beteiligung von Kindern formuliert. Besonders in § 6 Abs. 2 gehen die Bestimmungen klar über die Kernbereiche der Kinder- und Jugendhilfe hinaus: „Kinder und Jugendliche sollen an allen ihre Interessen berührenden Planungen, Entscheidungen und Maßnahmen, insbesondere bei der Wohnumfeld- und Verkehrsplanung, der bedarfsgerechten Anlage und Unterhaltung von Spielflächen sowie der baulichen Ausgestaltung öffentlicher Einrichtungen in angemessener Weise beteiligt werden.“ „Verankerung im SGB VIII-Ausführungsgesetz“, Seite 27
Die Bildung von Interessenvertretungen von Kindern auf kommunaler Ebene ist in §27a der Gemeindeordnung lediglich unverbindlich geregelt. Demnach kann die Gemeinde zur Wahrnehmung der spezifischen Interessen von Kindern besondere Vertretungen bilden oder Beauftragte bestellen. Verankerte Beteiligungsnormen in den Gemeindeordnungen der Bundesländer: in NRW lediglich eine Kann-Bestimmung.
Monika Schütz-Madré
Stellvertretende Bürgermeisterin
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