Finanzen

ANTRAG: ÜBERPRÜFUNG HAUSWIRTSCHAFTLICHE SPERRE DURCH RECHNUNGSPRÜFUNGSAMT

Sehr geehrter Herr Bürgermeister Dellmans,

die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN stellt zur nächsten Haupt- und Finanzausschuss am 01.10.2024 den folgenden Antrag:

Das Rechnungsprüfungsamt stellt in der Sitzung des Haupt- und Finanzausschusses am 01.10.2024 die Überprüfung des Erlasses einer haushaltswirtschaftlichen Sperre vor.

Begründung

Der Erlass einer haushaltswirtschaftlichen Sperre durch den Kämmerer wird in § 25 KomHVO geregelt. Hier heißt es in Abs. 2:

„Soweit und solange die Entwicklung der Erträge und Einzahlungen oder Aufwendungen und Auszahlungen es erfordert, kann die Inanspruchnahme von Ansätzen für Aufwendungen und Auszahlungen und Verpflichtungs-ermächtigungen durch die Kämmerin oder den Kämmerer gesperrt werden. § 81 Absatz 4 der Gemeindeordnung bleibt unberührt“.

Der Kämmerer ist somit berechtigt, eine haushaltswirtschaftliche Sperre auszusprechen, insofern die Haushaltsentwicklungen dies erforderlich machen.

Mit der Sperre von Haushaltsmitteln behält sich der Kämmerer vor, in jedem Einzelfall darüber zu entscheiden, ob geplante Aufwendungen tatsächlich getätigt bzw. Verpflichtungen eingegangen werden.

Dieses Haushaltsinstrument kann unterschiedlich scharf ausgestaltet werden. Es kann sich auf den Gesamthaushalt oder auf bestimmte Teile des Haushaltes beziehen. Ausgenommen hiervon sind vertragliche Verpflichtungen und unabweisbare Ausgaben.

Der Kämmerer hat gem. § 25 KomHVO Abs. 1 den Rat unverzüglich zu informieren, wenn eine Haushaltsperre ausgesprochen wird.

Gleiches gilt aber bereits vorher, wenn erkennbar wird, dass sich das Haushaltsergebnis (Finanz- oder Ergebnisplan) wesentlich verschlechtert oder sich eine investive Maßnahme wesentlich verteuert. Dies ist bis zur letzten Ratssitzung am 02.07.2024 nicht erfolgt. Insofern überrascht hier die maximale Auslegung einer haushaltswirtschaftlichen Sperre durch den Kämmerer.

In der Rheinischen Post vom 29.08.2024 erklärte Herr Geulmann, dass er die hauswirtschaftliche Sperre „aufgrund der Prognose und unter Einbindung der Ämter“ im Rathaus erlassen musste.

Wir gehen davon aus, dass es sich hier um die Budget-Betrachtung der einzelnen Ämter geht, die zumindest bis vor den Sommerferien noch keinen Anlass zur Sorge gegeben haben.

Gemäß § 81 Abs. 4 GO NRW ist der Rat berechtigt, die Haushaltssperre des Kämmerers aufzuheben.

Die Haushaltssperre ist das letzte Mittel, um eine akute Gefährdung des Haushaltsausgleichs bzw. der Zahlungsfähigkeit einer Kommune abzuwenden. Bevor also eine Haushaltssperre ausgesprochen wird, sollten unseres Erachtens alle anderen Wege und Möglichkeiten zur Abwendung der Gefahr ausgeschöpft werden. Dass dieser Prozess durch den Kämmerer erfolgt ist, ist für uns aktuell nicht erkennbar. Wir kriegen hier nur ein Ergebnis bestehend aus Prognosen mitgeteilt und auf einmal herrscht in Kempen eine hauswirtschaftliche Sperre. Dieser Prozess hätte zwingend (einschließlich der vorliegenden Stellungnahmen bzw. Fehlanzeigen der einzelnen Ämter) mit dem Haupt- und Finanzausschuss / Rat im Vorfeld einer hauswirtschaftlichen Sperre erfolgen müssen.

Dies bedeutet für uns, dass der Kämmerer auswertet, in welchen Bereichen potenziell die höchsten Einsparpotenziale liegen bzw. noch Potenziale zur Einnahmensteigerung vorhanden sind. Über den Verwaltungsvorstand sollte dann ein direkter Austausch mit den entsprechenden Bereichen geführt werden. Hierbei sollte für alle Beteiligten klar sein, dass der Austausch der Vermeidung einer hausweiten Haushaltssperre dient.

Insofern auf diesem Weg die Gefährdungslage nicht ausreichend zufriedenstellend abgewendet werden kann, sollte zunächst die Sperrung einzelner Haushaltspositionen in Betracht gezogen werden. Dies dürfte insbesondere für die Bereiche mit freiwilligen Aufgaben bzw. sehr hohen Qualitätsstandards in Frage kommen.

Als letztes Mittel ist eine (teilweise) hausweite Haushaltssperre möglich.

Die Sperrung von einzelnen Haushaltspositionen bzw. der Erlass einer teilweisen Haushaltssperre über den Gesamthaushalt sollten immer so ausgestaltet sein, dass nicht nur die kurzfristigen Einsparpotenziale berücksichtigt werden, sondern auch etwaige Folgekosten:

Wird beispielsweise eine haushaltswirtschaftliche Sperre für Unterhaltungsmaßnahmen an Gebäuden erlassen, kann dies zunächst hohe Kosteneinsparpotenziale eröffnen.

Allerdings geht dies in der Vielzahl der Fälle nur mit einer Verlagerung der Kosten in die Zukunft einher, da die Maßnahmen nur geschoben werden, d.h. die Kostenersparnis ist nicht nachhaltig.

Zudem sind die Kosten in der Zukunft oft höher, da nicht vorgenommene Unterhaltungsmaßnahmen regelmäßig zu weiteren Schäden führen bzw. die bereits vorhandenen größer werden. Eine Beschränkung der haushaltswirtschaftlichen Sperre auf Maßnahmen, die über das notwendige Maß hinausgehen, ist zudem nicht zielführend, da Unterhaltungsmaßnahmen grundsätzlich nur im notwendigen Maß im Haushalt zu veranschlagen sind.

Auch Sperren im Bereich der Personalwirtschaft sollten gut überlegt sein. Hier können die Folgekosten besonders hoch ausfallen. In Zeiten eines erheblichen Fachkräftemangels sowie einer hohen Wechselbereitschaft der Mitarbeitenden sollten Einsparmaßnahmen im Personalbereich per Se das allerletzte Instrument zur Abwendung der finanziellen Schieflage sein.

Hinzu kommt, dass die Opportunitätskosten bei Sperren im Bereich Personal mit hoher Wahrscheinlichkeit höher ausfallen als die Kosten ohne Sperren. Werden im Zuge einer Haushaltssperre z.B. Stellenneubesetzungen und -Wiederbesetzungen gesperrt, dann folgen daraus zwingend hohe Folgekosten, da der Stellenplan das notwendige Mindestmaß an Stellen für eine angemessene Aufgabenwahrnehmung widerspiegelt. In der Folge kommt es zwingend zu zusätzlichem Arbeitsaufkommen, welches durch das vorhandene Personal im Zuge von Mehrarbeit aufzufangen ist oder die Abarbeitung der liegengebliebenen Aufgaben verlagert sich in die Zukunft, so dass dann Überstunden zu leisten sind. Aus dieser Mehrbelastung ergeben sich u.U. zudem weitere Folgekosten, wie z.B. hohe Krankheitsquoten, Weggang von Personal etc.

Insofern der Erlass einer Haushaltsperre nicht vermieden werden kann bzw. diese nur unter hohen Einsatz aller Beteiligten abgewendet werden konnte, sollte umgehend mit der Aufarbeitung der Ursachen für die Schieflage begonnen werden. Hat es z.B. an der Planung bestimmter Ämter gelegen? (z.B. bei Inanspruchnahme von Beratungsleistungen)

Wurden durch die Kämmerei zu hohe Beträge im Zuge der Planung gekürzt? Wurden aus der Politik neue Aufgaben nach Abschluss der Haushaltsplanungen übertragen? Ist es zu unvorhersehbaren Kostensteigerungen / Einnahmeminderungen gekommen? Etc.

Joachim Straeten​                ​​Rene Heesen​​​

Fraktionsvorsitzender​​​         stellv. Fraktionsvorsitzender

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